Identifizierung und Rückverfolgbarkeit von Produkten mittels inhärenter Merkmale (Projekt PRIMER)

Bauteile und Produkte sicher erkennen – ohne zusätzliche Kennzeichnung

Vorhandene (inhärente) Merkmale sind eine gute Möglichkeit, Produkte während des Produktionsvorgangs und bei der Gewährleistung ohne zusätzlich angebrachte Kennzeichnungen (z.B. Barcodes, RFID-Tags) sicher und kostengünstig zu erkennen.

In der modernen Produktion und Logistik funktioniert bereits vieles automatisiert. Doch im Materialfluss von Logistiklager über Produktion bis zum fertigen Produkt wird es immer Übergänge von manueller zu maschineller Handhabung geben. Schleichen sich hier falsche Bauteile in die Prozesse ein, kann das zu schwerwiegenden Schäden führen. Es ist entscheidend, Bauteile, Halbzeuge und teils auch jeden Rohstoff im Produktionsprozess und im Lebenszyklus zu jedem Zeitpunkt eindeutig identifizieren zu können.

Wir nutzen produktinhärente Merkmale für die eineindeutige und fälschungssichere Identifizierung von Produktionsrohstoffen, Halbzeugen oder Bauteilen – also Merkmale, die das Objekt in seiner Beschaffenheit ausmachen und nicht einfach zu ändern sind, wie z.B. Farbe, Material, Form, Gewicht, Objektoberflächenstruktur sowie akustisches oder elektrisches Resonanzverhalten.

© Fraunhofer IFF
Sichere Produktidentifikation und -verfolgung durch die Nutzung produktinhärenter Merkmale.

Ohne industrielle Identifikation keine smarte Produktion

Wann befindet sich welches Bauteil wo? Die digitalisierte Industrie verspricht große Optimierungen für die Prozesse in Produktion und Logistik. Eine zentrale Schlüsseltechnologie, um die Vorteile smarter automatisierter Produktion wirklich nutzen zu können, ist die industrielle Identifikation. Jedes Objekt, jedes Produkt muss über den gesamten Lebenszyklus hinweg eindeutig identifizierbar sein. So lassen sich nicht nur Qualität und Prozessabläufe nachvollziehen, auch Maschinen lassen sich automatisch steuern. Anhand eines identifizierten Bauteils werden die Anlageneinstellungen angepasst.

Nun produzieren Unternehmen zunehmend an verteilten Standorten und sie beziehen Rohstoffe und Bauteile von mehreren Zulieferfirmen. Sie können nicht voraussetzen, dass alle gelieferten Rohstoffe, Halbzeuge und Komponenten mit den korrekten Barcodes oder Typenschildern gekennzeichnet sind.

© Fraunhofer IFF, Andreas Süß
Herkömmliche Identifikatoren für Produkte sind für viele industrielle Einsatzzwecke wenig geeignet. Labels können produktionsbedingt verloren gehen, beschädigt oder schlicht vertauscht werden.

Bei den meisten Produktidentifikationsverfahren wird ein Typenschild, eine Farbcodierung, Barcode-, Dotcode-Label oder RFID-Tag an das Bauteil angebracht. Für viele industrielle Einsatzzwecke wenig geeignet. Die Labels können produktionsbedingt verloren gehen, beschädigt oder schlicht vertauscht werden. Außerdem könnte ein Label gefälscht sein oder beim Handling versehentlich auf andere Bauteile übertragen werden. Das Anbringen der Labels ist ein Kostenfaktor. An Kleinstteilen oder auf bestimmten Oberflächen können gar keine Etiketten angebracht werden.

Am Wareneingang und bei jedem Handling-Vorgang ist daher oft eine erneute Identifizierung der Zulieferteile oder Produktionskomponenten nötig, um zu erfassen, welche Waren einen Produktionsbereich verlassen haben beziehungsweise neu angeliefert wurden.

Besonders wichtig ist eine eindeutige und sichere Produkterkennung bei sicherheitsrelevanten Bauteilen. Sie ist Voraussetzung für einen wirksamen Plagiatsschutz und für die Rückverfolgbarkeit von Produkten und Bauteilen im Fall von Rückrufaktionen und dem anschließenden Fehlermanagement. Und auch für ein späteres Recycling und Re-Manufacturing im Sinne einer Kreislaufwirtschaft ist es Voraussetzung, Produkte und Produktteile über den gesamten Lebenszyklus identifizieren zu können.

Gebraucht wird eine kostengünstige, verlässliche Identifizierungsmethode, die sich perfekt in die Produktions- und Logistikprozesse einfügt.

Merkmalsgestützte Identifikation von Rohstoffen und Bauteilen

Die Umstellung von künstlichen Identifikatoren, wie Typenschilder, Etiketten und Labels, auf produktinhärente Merkmale, die Produkte aufgrund ihrer Wachstums-, Erzeugungs- oder Bearbeitungsprozesse »kostenfrei« mitbringen, ist eine sinnvolle Option.

Beispiele für eindeutige produktinhärente Merkmale sind Werkstoffeigenschaften, Gefügestrukturen, Eigenfrequenzen, Oberflächenstrukturen nach einer spanenden Bearbeitung, die Struktur von Bruchkanten oder eingelagerte Substanzen bei Lebensmitteln. Diese Eigenschaften lassen sich nicht einfach ändern oder fälschen.

Wir kombinieren für unser Erkennungssystem anwendungsspezifisch ausgewählte, multimodale Sensorik, um die Eigenschaften von Objekten zu erfassen, und Datenanalyseverfahren, um aus den Objekteigenschaften bestimmte Merkmale zu gewinnen, die in ihrer Kombination einzigartig sind. Daraus ergibt sich eine »virtuelle DNA« – für jedes Produkt einzigartig und individuell. Über ein modellbasiertes Vergleichsverfahren kann die virtuelle DNA eindeutig einem Produkt oder einer Produktgruppe (z.B. Charge) zugeordnet werden. 

© Fraunhofer IFF
Prinzipskizze: Merkmalgestützte Identifikation von Rohstoffen und Bauteilen.

Vorteile der Identifizierung mittels produktinhärenter Merkmale

  • eindeutige Identifizierung von Produkten und Rohstoffen
  • lückenlose Rückverfolgbarkeit von Produkten und Rohstoffen
  • Kostenersparnis durch Verzicht auf künstliche Identifikatoren wie Barcodes, Etiketten oder RFID
  • fundierte Informationsgrundlage für produktionsrelevante Entscheidungen
  • Qualitätsverbesserung der Produktions- und Logistikprozesse
  • Erhöhung der Fälschungssicherheit von Produkten

Projektergebnisse in PRIMER

  • Dauerhafte, robuste, kostengünstige und fälschungssichere Erkennungstechnologie, übertragbar auf unterschiedliche Einsatzzwecke und geeignet für eine ganze Bandbreite an Materialien und Produkten
  • Morphologie zur schnellen Klassifikation von Anwendungsfällen und der damit zusammenhängenden Sensorik

Im Projekt sind zwei Anlagen entstanden, die die Machbarkeit einer merkmalsgestützten Produktidentifikation demonstrieren:

  • Stationäre Anlage für die kontinuierliche Inline-Identifizierung von Produkten und Rohstoffen innerhalb des Produktionsprozesses. Die stationäre Anlage wird bereits zur Identifikation unterschiedlichster Materialien und Produkte, wie z.B. Holz, Gussteile, Keramikfliesen, erfolgreich eingesetzt.
  • Tragbare Anlage für Stichprobenprüfungen im mobilen Einsatz. Die mobile Anlage wird u.a. bereits für die Erkennung von Beschichtungen erfolgreich eingesetzt.
© Fraunhofer IFF
Demonstrator zur merkmalsgestützten Identifizierung, Multispektralkamera und Werkstückträger mit Probenkörpern (v.l.n.r.).

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Projektinfo

Projekttitel

»PRIMER – Produktidentifikation und -verfolgung durch die Nutzung produktinhärenter Merkmale«

Projektlaufzeit

08.2020 bis 07.2022

Projektförderung

Das Forschungsvorhaben wird vom Land Sachsen-Anhalt und aus Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) gefördert.